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MOOSland-Projekt diskutiert Herausforderungen im Moorbodenschutz

Von: Melanie Russ

Im Landkreis Diepholz beraten Experten über Finanzierung und Perspektiven für Paludikultur als nachhaltige Nutzung wiedervernässter Moorflächen.

Ströhen – Die Moore im Landkreis Diepholz bieten ein riesiges Potenzial für den Klimaschutz. Denn in ihren Böden sind große Mengen Treibhausgase gespeichert, die in die Atmosphäre entweichen, wenn die Böden austrocknen. Seit vielen Jahren wird darum im Zusammenspiel von Kreisbehörde, Stiftung Naturschutz im Landkreis Diepholz, Amt für regionale Landesentwicklung und Forschungsprojekten die Wiedervernässung der Moore betrieben. Wie eine Vernässung möglich ist, die alle Belange berücksichtigt und Landwirten Wertschöpfungschancen bietet, damit befassen sich die Akteure des unter anderem im Europäischen Fachzentrum Moor und Klima in Ströhen angesiedelten Forschungsprojekts MOOSland. Am Montag diskutierten Vertreter über Möglichkeiten und Herausforderungen.

Dr. Laura Herzog von der Uni Osnabrück leitete die Podiumsdiskussion mit Jessica Meißner (3N-Kompetenzzentrum), Olaf Stührmann (Amt für regionale Landesentwicklung Leine-Weser), Uwe Schröder (Niedersächsisches Koordinierungszentrum Moorbodenschutz) und Jochen Thiering (Landvolk Diepholz) und fragte nach erforderlichen Strukturveränderungen, Perspektiven und nicht zuletzt der Finanzierung.

MOOSland

Das bis 2032 laufende MOOSland-Projekt umfasst zwei Demonstrationsflächen in den Landkreisen Diepholz (Barver Moor, 10 Hektar) und Ammerland (Hankhauser Moor, 20 Hektar), die im Laufe der nächsten Jahre noch erweitert werden sollen. Nach der Wiedervernässung werden dort Torfmoose angebaut. Elf Einrichtungen, darunter vier Universitäten, sind an dem Projekt beteiligt. Sie erforschen zum einen auf den Flächen die Entwicklung der Biodiversität und Wasserqualität sowie Möglichkeiten der Produktion und Verwertung von Biomasse, zum anderen die soziokulturellen und agrarkulturellen Auswirkungen einer Wiedervernässung der Moore.

In einem Punkt waren sich die Diskutanten auch mit Landrat Volker Meyer und dessen Mitarbeiter Detlef Tänzer einig: Moorbodenschutz funktioniert im moorreichen Landkreis Diepholz nur mit dem Blick auf die gesamte Region und ihre Bewohner. „Moore sind ein integraler Bestandteil der Region“, betonte Olaf Stührmann. Seit Jahrzehnten, wenn nicht Jahrhunderten leben die Menschen mit und vom Moor – einst durch Abtorfung, später durch Entwässerung und landwirtschaftliche Nutzung von Moorflächen. Darum müsse man die Menschen mitnehmen. Es müssten sich alle an einen Tisch setzen und ergebnisoffen diskutieren. „In den Landkreisen Diepholz und Nienburg funktioniert das“, ist seine Erfahrung.

Ankauf und Vernässung von Moorflächen zum Zweck des Klima- und Naturschutzes ist der eine Aspekt, die wirtschaftliche Nutzung von Moorflächen außerhalb der Schutzgebiete ein anderer. Dort sollen Landwirte durch Paludikultur, also den Anbau nachwachsender Rohstoffe wie Torfmoos, Schilf oder Rohrkolben auf wiedervernässten Flächen, eine Möglichkeit zu deren weiterer Nutzung bekommen. Nach Einschätzung von Volker Meyer funktioniert das aber nur, wenn Landwirte eine echte wirtschaftliche Perspektive haben. Ein wesentlicher Schritt dazu sei eine Anpassung der Förderkulisse. Die sei bisher für Paludikultur nicht geeignet.

Möglichkeiten der Wertschöpfung

Eine weitere wesentliche Voraussetzung für eine nasse Bewirtschaftung ist ein verlässlicher Absatzmarkt für die Produkte. Die Bandbreite der Potenziale reicht von Dekomaterial über Gartenbau bis Baumaterial, doch sichere wirtschaftliche Perspektiven gibt es bislang wenige. Jochen Thiering betonte darum die Notwendigkeit, erst einmal Methoden der Wertschöpfung aufzuzeigen und dann mit den Landwirten zu schauen, was wo umsetzbar ist. Dabei müssen man die betrieblichen Möglichkeiten im Blick haben, aber auch die wasserwirtschaftlichen Verhältnisse.

„Idealerweise bekommt man vor Ort eine Wertschöpfungskette hin“, erklärte Jessica Meißner, die funktionierende Beispiele mit hoher Nachfrage nach Rohrkolben für Dämmplatten oder als Torfersatz bei Biokunststoffen.

Allein nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten haben nach Einschätzung Olaf Stührmanns derzeit Photovoltaikanlagen die größten Realisierungschancen, weil sie die größte planerische Sicherheit böten. Zur Produktion von Torfmoos und ähnlichem seien hohe Investitionen notwendig.

Wie viel kostet der Spaß?

Am Ende hängt alles an der Finanzierung. Wie viel Geld bräuchte es also, um die nasse Bewirtschaftung von Moorflächen im Landkreis Diepholz hinzubekommen?, wollte Laura Herzog wissen. „Mit 100 000 Euro pro Hektar sind wir dabei“, überschlug Olaf Stührmann die Kosten für Vernässung, Paludikulturanbau und Umrüstung der landwirtschaftlichen Höfe für die Bewirtschaftung. Das sind gewaltige Summen, aber Stührmann zieht den Vergleich zum Kohleausstieg: „Das, was die Bundesrepublik in den Kohleausstieg investiert, muss man meiner Meinung auch in die Moorregionen investieren.“

Nach Einschätzung Schröders werden die Kosten allein für den Flächenankauf in den kommenden Jahren steigen. Er wirft eine Summe von zwei bis drei Milliarden Euro für Niedersachsen in den Raum. Den Moorbodenschutz „werden wir in Niedersachsen allein nicht lösen können“, ist er überzeugt. Dafür brauche es auch Bundesmittel.

Für Jessica Meißner wird zu stark allein auf die Kosten der Vernässung geschaut und die mögliche Wertschöpfung nicht gegengerechnet. „Es ist nicht so, dass wir Geld hinlegen, und dann ist es weg“, betonte sie und stellte zugleich mit Blick auf die wirtschaftlichen Folgen des Klimawandels die Frage: „Was kostet es uns später, wenn wir jetzt nichts tun?“

Das ist der volkswirtschaftliche Aspekt. Die Landwirte, die die klimafreundliche Bewirtschaftung umsetzen sollen, stehen dagegen vor Fragen, die sie unmittelbar betreffen. Jochen Thiering brachte das Problem auf den Punkt: „Die Politik gibt Ziele vor, aber sie gibt einen Besteckkasten mit, der den Zielen gar nicht gerecht wird.“ Die Bundespolitik scheue sich vor der Beantwortung der Frage, „wie wir das finanzieren sollen“. Das Preisschild, das Meißner nicht so behagt, ist nach seiner Einschätzung durchaus wichtig, „damit man weiß, wie viel es kostet“. Er glaubt nicht, dass das gesteckte Ziel allein privatwirtschaftlich umgesetzt werden kann.

Stührmann kann diese Bedenken nachvollziehen. Der Staat müsse zunächst auch die rechtlichen Rahmenbedingungen schaffen, die es Landwirten erleichterten, den Weg in die nasse Bewirtschaftung zu gehen. Denn der Anbau von Paludikulturen sei rechtlich keine landwirtschaftliche Tätigkeit, sondern eine gewerbliche. Das habe steuerliche Nachteile und Auswirkungen auf die Weitergabe des Hofes.

In der Diskussion wurde deutlich, wie komplex – auch hinsichtlich der Wasserwirtschaft und der Infrastruktur (Straßen, Dämme, Gräben) – die Moorvernässung ist, und dass diese Mammutaufgabe eben nur gelingen kann, wenn alle gemeinsam handeln.

Quelle: Kreiszeitung vom 22.10.2025