Projekt „MOOSland“: Eine kleine Pflanze soll groß rauskommen
Schüler der BBS Sulingen halfen bei der Anpflanzung von Torfmoosen auf der Sphagnumfarm in Barver. © Jens-Uwe Holthuis
Das Torfmoos ist eine unscheinbare Pflanze mit riesigem Potenzial. Wie sie wirtschaftlich angebaut und genutzt werden kann, wird im „MOOSland“-Projekt erforscht.
Ströhen/Barver – Es ist unscheinbar, hat aber riesiges Potenzial: das Torfmoos. Die Pflanze ist nicht nur Grundstoff der CO2-speichernden Moorböden, sie kann auch moorbodenschonend geerntet und vielfältig genutzt werden – beispielsweise als Torfersatz, Dämmung oder Ölbindemittel auf dem Wasser. Das Problem: Es gibt viele potenzielle Einsatzgebiete und somit theoretisch einen großen Absatzmarkt, doch es fehlen Erkenntnisse zur praktischen Umsetzung und Wirtschaftlichkeit bei Anbau und Verarbeitung.
Hier setzt das Projekt „MOOSland“ an, das Dr. Jens-Uwe Holthuis aus dem Europäischen Fachzentrum Moor und Klima in Ströhen heraus als einer der Projektleiter betreut. Ziel sei es, Paludikulturen (landwirtschaftliche Nutzung nasser Hoch- und Niedermoore) mit Torfmoosen vertieft zu erforschen.
Torfmoos-Anpflanzung: Praxistage für angehende Landwirte
Doch alle Forschung bringt wenig, wenn diejenigen, die mit den Erkenntnissen praktisch arbeiten sollen, nicht überzeugt sind. Der Projektleiter hatte darum 20 angehende Landwirte der BBS Sulingen zu zwei Praxistagen auf die Sphagnumfarm in Barver eingeladen, um beim Bepflanzen eines 0,5 Hektar großen Torfmoosfelds zu helfen. Dort wurde laut Holthuis erstmals eine Torfmoos-Paludikultur nach dem neu entwickelten „best practice“-Verfahren eingerichtet, das weniger aufwendig als bisherige Verfahren ist und die landwirtschaftliche Umsetzung erleichtern soll. Erweist sich das Verfahren als praktikabel, wäre der Landkreis Diepholz damit „ein Vorreiter für die Implementierung der Hochmoor-Paludikultur, und es wäre ein weiterer Baustein im Portfolio der Stiftung Naturschutz in der Umsetzung von Moorentwicklungsstrategien“, ordnet Holthuis die Bedeutung des Projekts ein. Denn anders als Grünland-Bewirtschaftung erfolgt die Torfmoos-Zucht auf nassen Moorflächen, aus denen keine Treibhausgase entweichen.
„Ich war sehr angetan davon, wie interessiert die Schüler waren, und mit welcher Begeisterung sie dabei waren“, schildert Holthuis seine Eindrücke nach dem BBS-Besuch. Die jüngeren Schüler seien vor allem an der Maschinentechnik interessiert gewesen, die Schüler des Abschlussjahrgangs hätten viele Fragen zum Thema Klimabilanz und Wirtschaftlichkeit gehabt. „Die sind schon sehr tief in der Materie drin und haben gute Ideen“, freut sich Holthuis.
Das Projekt „MOOSland“
„MOOSland“ ist ein Modell- und Demonstrationsvorhaben von der Universität Greifswald und sieben niedersächsischen Partnern, darunter der Landkreis Diepholz und die Stiftung Naturschutz im Landkreis Diepholz. In einer zehnjährigen Laufzeit seit Oktober 2023 soll der bereits in Pilotprojekten erforschte Anbau und die Verwertung von Torfmoos-Biomasse im großen Maßstab umgesetzt werden. Um die Vermarktung als Substrat zu erleichtern, ist die Vorbereitung eines Gütezeichens für Torfmoos-Biomasse geplant, wie es auch andere Rohstoffe im Substratbereich haben. Die Entwicklung von Substratmischungen und deren Anwendung in Gärtnereien stehen ebenfalls auf der Agenda.
Die ungezwungenen Gespräche am Rande helfen nicht nur den künftigen Landwirten, die Möglichkeiten des Torfmoosanbaus verstehen zu lernen. Sie helfen auch den Forschern, Probleme bei der praktischen Umsetzung zu erkennen, an die sie gar nicht gedacht haben. „Man sieht dann, wo der Schuh bei den Landwirten drückt“, so Holthuis. „Für Anregungen aus der Praxis sind wir immer offen.“
Die Sphagnumfarm in Barver soll im Frühjahr um fünf Hektar erweitert werden, um eine anschauliche Modell- und Demonstrationsfläche zu bekommen. „Damit man sich das mal angucken kann. Das ist der beste Weg, um Leute zu überzeugen“, weiß Jens-Uwe Holthuis.
Torf-Verbot im Gartenbau: Torfmoose als Alternative
Einige Unternehmen sind schon überzeugt. Der Fokus liegt dabei momentan auf dem Gartenbau – auch, weil Torf im Hobbygartenbereich ab 2026 und im gewerblichen Gartenbau ab 2030 nicht mehr verwendet werden darf. Es braucht also alternative Substrate. Und was liegt da näher als Torfmoose – die Urform des Torfs? Wie Dr. Greta Gaudig von der Uni Greifswald – ebenfalls ein Projektpartner – erklärt, können Torfmoose das 20- bis 30-fache ihres Gewichts an Wasser speichern. Darum seien sie für den Gartenbau so interessant. „Sie halten Wasser und Nährstoffe und geben sie nach den Bedürfnissen der Pflanze ab.“
Die Entwicklung sei im Gartenbau auch am weitesten fortgeschritten, so Jens-Uwe Holthuis. Die Verarbeitung der Torfmoose in den Erdenwerken sei relativ unkompliziert. Als Beispiel nennt er das Torfwerk Moorkultur Ramsloh im Landkreis Oldenburg. „Die können sich vor Nachfragen kaum noch retten.“ Eine große Gärtnerei züchte ihre Weihnachtssterne in Torfmoosen, einen ersten ganz großen Erfolg gebe es im Elbe-Weser-Dreieck. Dort bepflanze eine Firma ehemals als Grünland genutzte Flächen mit Torfmoosen – nicht aus Forscherdrang, sondern weil sie darin einen wirtschaftlichen Vorteil sehe. Auch im Landkreis Diepholz gebe es eine Firma, die an der Verarbeitung von Torfmoosen interessiert sei. „Es ist Bedarf für Torfmoos-Substrate vorhanden“, ist Jens-Uwe Holthuis angesichts dieser Beispiele überzeugt. „Aber der große politische Rahmen ist noch unsicher.“ Eine wichtige Hilfe wäre beispielsweise die Anerkennung der Paludikultur als Landwirtschaft durch die EU. Denn dann könnten Landwirte auch für diese Art der Bewirtschaftung Agrarförderung beantragen.
Zu den praktischen Herausforderungen gehört auch die Entwicklung angepasster Maschinen. Denn die weichen Moorböden vertragen keine schweren Geräte. Unter anderem läuft ein Projekt an der PHWT in Diepholz zur Entwicklung eines „fliegenden Rasenmähers“. Laut Holthuis erforschen die Studenten, ob und wie Schwerlastdrohnen mit entsprechenden Schneidevorrichtungen für die Torfmoos-Ernte verwendet werden können.
Quelle: Kreiszeitung vom 14.11.2024